Dieser Band redet kein Oldtimer-Blech: Er erzählt stattdessen die Industriegeschichte des komplexen Systems Auto und skizziert die Kulturgeschichte unserer automobilen Gesellschaft: Gegenwärtig das beste Buch zum Thema, ein gutes Geschenk für Autofreunde wie kritiker; jeder historisch Interessierte dürfte daran seine Freude haben. Interessant: Die Innovation Automobil mit Verbrennungsmotor hat sich seinerzeit gegen die Konkurrenz von Dampfmaschine und E-Motor nicht dank technischer Brillanz oder Ausgereiftheit durchgesetzt, haben Historiker herausgefunden. Reine Psychologie war es. Das teure Männerspielzeug Auto vermittelte den Kerlen ein Flair von Abenteuer: Explosionen, Gestank, dramatische Auspuffwolken waren gefragt. Batterieautos boten das nicht. Und der technisch ausgereifteren Dampfkraft fehlte der Nimbus des Sensationellen. Interessant: Die große Rolle der Weltkriege für die Autoentwicklung und die Bedeutung des Kraftwagens als Instrument der Politik (kleine Kritik: Wie wichtig der Einsatz von LKWs für den Erfolg der Nationalsozialisten in den 20er-Jahren war, für die Verbreitung von Angst und Schrecken, aber auch für eine manchem imponierende Demonstration von Geschlossenheit und Disziplin, erwähnt der Autor nicht). Es ist viel geforscht worden in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Und Möser unterbreitet dem Leser die Ergebnisse mit leichter Hand. Nie wird das Buch textlastig. Abbildungen, Statistiken und Faksimiles bilden ein informatives und harmonisches Ganzes. Auf diese Weise ist ein hoch kompetentes, wissenschaftlich abgestütztes Sachbuch gelungen, das auch jene Leser nicht langweilt, die sich vielleicht nur schlicht für alte Autos interessieren. Und alle, die es über Mösers Darstellung hinaus genauer wissen möchten, werden für die aktuellen Literaturhinweise am Ende jedes Kapitels dankbar sein. Fazit: dicke Kaufempfehlung. –Michael Winteroll