Eines vorab: In Sachen Spendenaffäre erfährt der Leser von der ehemaligen CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister wenig Neues. Und doch birgt die Schlüsselloch-Veröffentlichung einer zutiefst Verletzten aus den Kälteregionen der CDU-Parteizentrale einige Brisanz. Wolfgang Schäuble, zentrales Objekt in Baumeisters Abrechnungssuada, steht dieser Tage kurz vor dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Baumeisters wenig schmeichelhaftes Psychogramm könnte also durchaus für den ehemaligen Parteivorsitzenden, den ohnehin eine Aura von Kälte und Machtarroganz umweht, im Präsidentenpoker zum finalen Stolperstein werden. Man sollte nicht verkennen, die zahlreichen Schäuble-Interna werden es sein, die Baumeisters Attacke regen Zulauf bei einer neugierigen Leserschaft garantieren. Wir erinnern uns: Zwei einander widersprechende Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss über die Übergabemodalitäten einer Geldspende von 100.000 DM durch den dubiosen Waffenlobbyisten Schreiber an die CDU im Jahre 1994 hatten den Parteispendenskandal 1999/2000 ausgelöst. Am Ende war Schäubles politischer Lebenstraum zerstoben, der Parteivorsitz dahin, die Schatzmeisterin und politische Freundin war zur Feindfigur geworden. Zu den spannenderen Momenten in Baumeisters Erinnerungswerk zählen die tiefen Einblicke in die innere Feinmechanik des berüchtigten „Systems Kohl“ und den Verlust moralischer Prinzipien im Politalltag. Wesentlich problematischer hingegen gestaltet sich der Rückblick auf ihren ehemaligen Förderer. Baumeister suggeriert, dass Schäuble den Einfluss auf seinen Protegé reichlich überdehnt habe. Kühn mutmaßt sie, „dass er mich auf eine schmerzliche, zerrissene Art auch als Frau besitzen wollte“ — ein Psychokonstrukt, aus dem Baumeister die frustrierte Wut ableitet, mit der Schäuble seinen späteren „Vernichtungsfeldzug“ gegen sie führte. Schmerzliche Betrachtungen am Ende einer Karriere. „Kein Aufschrei einer gekränkten Politikerseele“ sollte Baumeisters Spätwerk sein. Zweifel dürfen erlaubt sein. Zu sehr riecht alles nach der persönlichen Vendetta einer Frau, die als Bauernopfer späte Vergeltung an ihrem Hauptwidersacher übt, dem womöglich künftigen Bundespräsidenten! Zu spät, zu verbittert, zu verstrickt und zu offensichtlich! –Ravi Unger