Audio-Branding klingt gut – ‚Corporate Sound` noch besser. Marketing-Experten bekommen bei diesen Begriffen ein Funkeln in den Augen, das vermuten lässt, es handle sich hierbei um Wunderwaffen für die Behebung aktueller Probleme der Marken-Kommunikation. Fragt man jedoch nach einer umfassenden Beschreibung und Definition dieser Anglizismen, dann entpuppt sich mancher so genannter Experte schnell als Laie. Auch in aktuellen Medienberichten des Spiegel oder des Magazins ZEIT Wissen äußern sich Beliebtheit und Popularität des Themenkomplexes ‚Akustische Markenführung`. Die Berichterstattungen wie Stellungnahmen der Marketing-Experten sind geprägt von dem Tenor, dass eine effiziente Markenführung nicht mehr ohne den Einsatz von Klang und Musik in einer strategischen Ausrichtung auskomme: ‚Corporate Sound` sei deshalb unverzichtbar, damit sich die Unternehmens- und Produktmarken von den Wettbewerbern explizit abheben und die Konsumenten sie in der Flut an Werbeinformationen überhaupt wahrnehmen. Tatsächlich ist die Marken-Kommunikation heute gravierend veränderten Bedingungen ausgesetzt, die sich auf der einen Seite in einem zunehmend unübersichtlichen und qualitativ austauschbaren Angebot an Produktmarken sowie auf der anderen Seite in einem wachsenden Desinteresse der Markenkontaktpersonen gegenüber der Werbung in den Massenmedien manifestieren. Die zentrale Aufgabe einer an diese Bedingungen angepassten Marken-Kommunikationsstrategie besteht in der glaubhaften Vermittlung eines konsistenten Selbst- und Fremdbildes einer Marke. Unter diesen Prämissen wird im Rahmen der vorliegenden Magisterarbeit interdisziplinär die Notwendigkeit und das Potenzial der Anwendung von Audio-Branding und ‚Corporate Sound` herausgearbeitet: Als sensuale Kommunikationsstrategien ergänzen sie die Marke unter expliziter Berücksichtigung der aktuellen Marktstrukturen sowie des Rezeptionsverhaltens der Markenkontaktpersonen um eine weitere, nämlich die akustische Dimension. Akustische Stimuli können als Kommunikationsinstrumente genutzt werden, weil, wie sich zeigen lässt, die ihnen zugrunde liegenden musikalischen Bausteine Teile eines umfassenden Zeichensystems sind und sich ihr vielfältiges Potenzial grundsätzlich in einem Wechselprozess zwischen Sender und Empfänger realisiert. Der von Marketing-Experten als Sender erfolgte Einsatz von Musik und Klang in strategischer Ausrichtung kann die Aufmerksamkeit der Markenkontaktpersonen als Empfänger aktivieren, u. U. die Lern- und Gedächtnisleistung in Bezug auf das Markenwissen erhöhen, Markenimages formen sowie identitätsstiftend wirken. Diese umfangreichen für die Marken-Kommunikation relevanten Funktionsmöglichkeiten von Musik und Klang versucht Audio-Branding zu entfalten, um das sensuale Markenerlebnis zu betonen, welches konstituierend für das Selbst- und Fremdbild der Marke ist. Das umfangreiche Instrumentarium, das im Prozess des Audio-Brandings seine Anwendung findet, wird in seinen wichtigsten Erscheinungsformen auch konkret anhand aktueller Beispiele aus der Praxis ausführlich dargestellt und in den Kontext der umfangreichen Funktionsmöglichkeiten von Musik und Klang gestellt. Eine systematische Analyse der innermusikalischen Struktur des Audiologos führt zu aufschlussreichen Erkenntnissen hinsichtlich der Fragestellung, welche musikalischen Parameter denn konstituierend sind für die von ihm geforderten zentralen Funktionen (Aufmerksamkeitsaktivierung, Vermittlung von Markenimage-Attributen und Memorierung des Markennamens). Anhand dessen wird das Potenzial des Audiologos auch noch spezifiziert in Bezug auf seine Grenzen und Möglichkeiten erarbeitet. Die kritische Betrachtung von zwei Evaluationsstudien zur Messung der kommunikativen Wirkung von Audiologos deutet auf einen immensen Forschungsbedarf hin, primär hinsichtlich methodischer Ansätze und der Berücksichtigung der situativen Einsatz- und Rezeptionskontexte, in die Audiologos i. d. R. gestellt sind. Auch die kritische Darlegung der Ergebnisse einer Expertenstudie, die sich ‚Corporate Sound` in seiner Gesamtheit widmet, unterstreicht die Notwendigkeit, die Wissenslücken bezüglich des Einsatzes von Klang und Musik unter strategischen Gesichtspunkten bei den Verantwortlichen der Marketing-Abteilungen zu schließen. Dies erscheint nicht zuletzt gerade auch deshalb sinnvoll, da grundsätzlich im Kontext multimedialer Gestaltung eine Abwendung von der ‚visuellen Leitkultur` hin zu einer Betonung des auditiven Bereichs beobachtet werden kann.